Die
alteingesessenen St. Georgener Industriebetriebe nahmen ihren Anfang, zum
größten Teil, in der Uhrmacherei.
Diese wurde
bereits im 17. Jahrhundert, neben der Landwirtschaft, betrieben.
Unter Schwierigkeiten,
mit Fleiß, Wagemut, Entbehrungen, Opfer und harter Arbeit aller
Familienmitglieder, machten sie sich im 19. Jahrhundert selbstständig und
erweiterten ihre Hausuhrmacherei zum Kleinbetrieb und schließlich zum Industriebetrieb.
Mit einer
spannenden Story, Hintergrundinformationen und vielen Bildern, möchte ich das
veranschaulichen.
Die Kreiszeitung schreibt am 13. Dezember
2018 über das Buch.
Erlebnisse aus „Silicon Blackforest“
Von Heiner Büntemeyer
WEYHE - Als 1984
sein Vater starb, fand Rainer Jäckle aus Lahausen in dessen Nachlass einen
Stapel eng beschriebener Blätter, die teilweise schon vergilbt und stellenweise
schwer zu entziffern waren. „Lebenslauf von Christoph Heinemann St. Georgen im
Schwarzwald“ lautete die Überschrift. Rainer Jäckle hat aus diesen Aufzeichnungen
ein Buch mit dem Titel „Einfach harte Arbeit“ gemacht. Es ist in erster Linie
ein Werk geworden, das ein Stück Heimatgeschichte für das Schwabenländle und
ganz speziell für den Schwarzwald mit St. Georgen erzählt.
Angesichts des Namens Jäckle taucht sofort der Gedanke auf, dass
Rainer Jäckle aus Schwaben stammt, und St. Georgen im Schwarzwald ist seine
Heimatstadt.
Der Name „Heinemann“ führt hierzulande zu keinen Assoziationen.
Wer dagegen in St. Georgen groß geworden ist, weiß, dass Christoph Heinemann
einer der drei Gründer der „Gebr. Heinemann-Maschinenfabrik“ war.
Sofort machte sich Rainer Jäckle daran, den Lebenslauf
abzuschreiben. Natürlich zog er dabei Vergleiche zwischen den sozialen und
wirtschaftlichen Bedingungen jener Epoche und der Gegenwart. Heinemann
beschreibt die sozialen Bedingungen der Bevölkerung im Schwarzwald am Ende des
19. Jahrhunderts. Es war dort damals schwer, allein durch Landwirtschaft eine
Familie zu ernähren. Viele Menschen arbeiteten in der Forstwirtschaft und
verdienten sich durch Heimarbeit ein Zubrot. Schwarzwälder Kuckucksuhren sind
nur ein Beispiel für den Fleiß und den Erfindungsreichtum der schwäbischen
Tüftler. Später entwickelten sich daraus florierende Betriebe der Feinmechanik
und Elektronik. „Silicon Blackforest“ nennt Jäckle diesen Landstrich, in dem
sich in St. Georgen aus der kleinen Dorfschmiede das Weltunternehmen „Maschinenfabrik
Heinemann“ mit bis zu 800 Mitarbeitern entwickelte.
Schon
die Kinder arbeiten mit
Neben der Entwicklung des Betriebs gewährt Christoph Heinemann in
seinen Aufzeichnungen auch zahlreiche Einblicke in die sozialen Verhältnisse in
dem kleinen Schwarzwalddorf. Schon die Kinder arbeiteten mit und trugen in der
Familie zum Lebensunterhalt bei. Die Familien hielten zusammen, man
unterstützte sich in Notlagen bindungslos.
Nach seiner Ausbildung ging der junge Heinemann auf Wanderschaft
und arbeitete als Handwerksbursche in Stuttgart, Chemnitz, Berlin und Hamburg
und lernte dabei die neuesten Techniken im Maschinenbau kennen. Nach der
Rückkehr in den Schwarzwald versuchte er, die erworbenen Kenntnisse in seinem
Betrieb umzusetzen. So war er der Erste, der im Schwarzwald eine Lokomobile
erwarb und damit die Maschinen antrieb.
Aber er verschwieg in seinen Aufzeichnungen auch die vielen
Rückschläge nicht, die er erlebte. Er beschreibt einen Großbrand, bei dem auch „das
Fabrikle“ der Heinemanns abbrennt. Vor allem aber traf ihn der Tod seiner ersten
Ehefrau, die ihn mit den kleinen „Buben“ allein ließ.
Aber im Alter blickt Christoph Heinemann auf ein erfülltes Leben
zurück, in dem er mit Weitblick, unternehmerischem Ehrgeiz, Erfindungsreichtum
und dem Fleiß seiner Mitarbeiter einen großen Betrieb geschaffen hat, der durch
Qualität, Zuverlässigkeit, Präzision und fortschrittlicher Technik den Standort
St. Georgen weltweit bekannt gemacht hat.
Zahlreiche Familiennamen und deren Verwandtschaft untereinander
werden den Menschen in der Region auch heute noch etwas sagen.
Ausbeutung
in den Fabriken
Für Leser aus dem Landkreis sind eher die technischen Hinweise
interessant, denn sie sind erstens sehr exakt beschrieben und zweitens in ihrer
Weiterentwicklung sehr aufschlussreich. Die Kapitel über seine
Wanderburschenjahre vermitteln ein Bild von der brutalen Ausbeutung der
Fabrikarbeiter in jener „guten, alten Zeit“.
Auch wenn Christoph Heinemann seine Frau einige Male als „meine
liebe Frau“ bezeichnete, beschreibt er in der alltäglichen Realität ein anderes
Bild: Die Frau hatte in Haus und Küche zu arbeiteten und Kinder zur Welt zu
bringen. Rücksicht auf die Gesundheit wurde kaum genommen. Nicht selten „verschliss“
ein Mann auf seinem Lebensweg gleich mehrere Frauen, heißt es in dem Buch, und
auch der Unternehmer Christoph Heinemann machte da keine Ausnahme.
Anderseits galt nicht nur für seine Mitarbeiter, sondern auch für
ihn an sechs Tagen in der Woche ein 14-Stunden-Arbeitstag, und am Sonntag
wurden notwendige Reparaturen erledigt.
https://www.kreiszeitung.de/lokales/diepholz/weyhe-ort54198/erlebnisse-silicon-blackforest-10848688.html
https://www.kreiszeitung.de/lokales/diepholz/weyhe-ort54198/erlebnisse-silicon-blackforest-10848688.html